TransVisionen
12.1. - 4.2.1996
The Mind Machine of Dr. Forsythe
Ausstellungsprojekt mit Installation von Anne Quirynen, Peter Missoten, An-Marie Lambrechts, Ana Torfs und Studio Azzurro

Viele Arbeiten im Bereich der Neuen Medien beziehen sich inhaltlich auf klassische Vorlagen. Das Projekt TransVisionen soll in akzentuierter Form drei Videoinstallationen mit klassischen Paten aus Ballett, Musik und Literatur präsentieren.

Il Combattimento di Achile e Ettore, eine Arbeit von Studio Azzurro, bezieht sich auf den Kampf zwischen Achilles und Hektor, nach einem Heldenepos aus Homers Ilias. Formal wurde diese Vorlage als 2-Kanal-Videoinstallation für zwei Monitore umgesetzt. Die Teilung in zwei Segmente ermöglicht eine formale wie inhaltliche Erweiterung der Darstellungsebene. Studio Azzurro zählt mit seinen Autoren seit Anfang der 80er Jahre zu den wichtigen Säulen italienischer Videokunst. Fabrizio Plessi begründete mit Studio Azzurro seine internationale Künstlerkarriere. Viele bekannte Autoren, wie z.B. die Berliner Klangkünstlerin und dokumenta-Teilnehmerin Christina Kubisch und die japanische Multimediagruppe dump type bereichern die kulturell vielfältige Produktivität.

Die ungewollte Titelverwandschaft zu Ana Torfs Il Combattimento di.Tancredi et Clorinda unterstreicht die konzeptuelle Linie dieses Ausstellungsprojektes. Die Installation ist eine 3-Kanal-Videoprojektion. Die Videokanäle sind synchron gesteuert, zeigen jedoch - einem Triptychon gleich - verschiedene Bildsequenzen. Die Projektion ist in eine großflächige Holzfront aus geflammten Schichtholz integriert. Jeweils links bzw. rechts vom Protagonist/Sänger sehen sich die beiden Titelfiguren Tancredi und Clorinda im Profil an. Torquato Tasso erzählt in madrigalen Versen von Leid und Liebe dieses Paares. Ana Torfs gehört zur jungen Künstlergeneration Belgiens. Sie hat nach dem Kunststudium im Fachbereich Medienkunst bereits erfolgreich an Wettbewerben und TV-Ausstrahlungen teilgenommen.

Die raumgreifendste Arbeit dieser Ausstellung ist The Mind Machine of Dr. Forsythe. Anne Quirynen, Peter Missoten, An-Marie Lambrechts erarbeiteten gemeinsam und mit Unterstützung des Choreographen William Forsythe, dem Chef des Frankfurter Balletts diese zugleich stille, aber eindrucksvolle Klang- und Projektionsinstallation. Diese 8-Kanal-Videoinstallation verbindet eine Stahlkonstruktion mit scheinbar schwebenden Projektionsflächen aus Opalglasscheiben. Von Ferne nimmt der Besucher nur verschiedene Töne und Geräusche aus kleinen Lautsprechern und den hellen Strich der Scheibenkanten wahr. Erst beim Näherkommen öffnen sich die Projektionen dem Blick der Betrachter. Es hat den Anschein, als sähe man unvermittelt auf die gebrochenen, angetaut und wieder gefrorenen Oberschichten gigantischer Eisblöcke. Darin, eingelagerten Organismen gleich, bewegen sich die Tänzer und Tänzerinnen. Ihre Aufgabe besteht darin, allmähliche Spuren von Rutschen, Kriechen, Scheuern, Aufrichten, Wälzen und Wischen zu hinterlassen und immer wieder zu überzeichnen. So entsteht ein dichtes Gewebe von Spuren und Zeichen auf einer optischen Ebene. Die Autoren dieser Installation gehören, wie Ana Torfs, zu der jungen Künstlergeneration Belgiens, die die Reibungsqualitäten zwischen Neuen Medien und klassischer Formensprache gezielt zur Umsetzung ihrer Arbeiten nutzen.

Ein Rahmenprogramm, u.a. Lesungen und die Vorstellung einer CD-Rom, welche die Arbeit William Forsythes mit dem Frankfurter Ballettensemble dokumentiert, setzt weitere Akzente und liefert Zusatzinformationen.